Typisch Schweiz – Dos and Don'ts
- Aline Mueller
- 18. Jan. 2019
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Feb. 2019
Sie wollen bei Schweizern nicht anecken und im Bekanntenkreis möglichst bald als top-integriert gelten? Dann lohnt es sich, die Gepflogenheiten und vor allem die möglichen Fettnäpfchen genau zu studieren.

DOS
Höflich sein: Die ausgetauschte verbale Höflichkeit an Supermarktkassen mag für Zuzüger schon fast exzessiv anmuten. Sagen Sie trotzdem besser einmal zu viel als zu wenig «Danke», «Bitte» oder «Schönen Tag».
Mit den Gläsern anstossen: Es ist üblich, dass man beim Apéro (siehe unten), beim Abendessen und je nachdem auch bei einem späteren Digestiv mit allen anstösst, bevor man trinkt. Oft nennt man sich dabei auch beim Namen. Hier gilt ebenfalls: Besser einmal zu viel das Glas in die Runde erheben als zu wenig.
Wandern: Nicht überraschend lieben Schweizer das Wandern. Aber Achtung: Bei einer richtigen Wanderung werden mehrere hundert Höhenmeter zurückgelegt. Eine 2-stündige Tour um einen See gilt nicht als Wanderung und wird von einem Schweizer müde lächelnd als längerer Spaziergang abgetan. Für eine Wanderung braucht es also unbedingt die richtige Ausrüstung: Gute Wanderschuhe und ein leichter Rucksack sind ein Muss. Vorsicht auch bei der offiziellen Wanderskala: Leichtes Klettern gilt in der Schweiz noch als Wandern!
Drei Küsschen zum Gruss: In der Schweiz gibt man sich, wenn man eine Person neu kennenlernt, in der Regel die Hand. Ab dem zweiten Treffen wird es komplizierter. Üblich sind für die Frau drei Küsschen auf die Wange. Ist man noch vertrauter, kann es auch mal nur eins sein oder eine Umarmung (diese auch unter männlichen Freunden). So klar sind da die Regeln allerdings nicht. Deshalb kommt es auch unter Schweizern des öfteren zu Begrüssungspannen, wenn der eine der Meinung ist, bereits fertig geküsst zu haben, während der andere sich schon für den zweiten Kuss nach vorne lehnt. Das Problem ist jedoch altbekannt und deshalb die Toleranzgrenze sehr hoch. Wo Sie sich aber sicher sein können: Zwei Küsschen gibt es nie.
Name bei Begrüssung nennen: Kein Muss, aber durchaus auffällig: Schweizer nennen bei Begrüssungen oft den Namen des Gegenübers oder wiederholen diesen, wenn sie ihn zum ersten Mal hören: «Hallo, ich bin der Hansruedi.» – «Hansruedi, freut mich, ich bin die Susanne».
Einen Gang zurückschalten: Die Schweizer arbeiten grundsätzlich effizient und sind produktiv. Das mag erstaunen in Anbetracht der Langsamkeit, die sie in sämtlichen Situationen an den Tag legen. Sei es vor der Tramtür, an der Supermarktkasse oder in einem Meeting. Mit Drängeln, Hetzen und ungeduldigem Fussklopfen kommen Sie a) trotzdem nicht schneller vorwärts und gelten b) als unhöflich.
DON'TS
Eine Einladung ohne Apéro: Sind Herr und Frau Schweizer zum (Abend-)Essen eingeladen, erwarten sie, vor dem Essen einen Aperitif und Appetithäppchen vorgesetzt zu bekommen. Dafür muss gar nicht unbedingt grosser Aufwand betrieben werden: Je nach Formalität der Einladung werden auch Bier oder Weisswein mit Chips, Nüsschen oder Oliven akzeptiert. Besonders beliebte Apéro-Getränke sind zudem Prosecco, Hugo, Aperol Spritz oder Campari-Variationen. Wenn Sie jedoch nicht erst mit dem schmackhaften Menü punkten möchten, legen Sie sich schon beim Apéro ins Zeug. Zum Beispiel indem Sie eine Auswahl an Aperitif-Cocktails anbieten, zu denen selbstgebackene kleine Leckereien serviert werden. Übrigens: Gern gesehen ist auch eine Einladung oder eine Verabredung nur zum Apéro. Dieser kann bis tief in die Nacht dauern und sollte dann unbedingt ausgefallener und aufwändiger gestaltet sein als das «Einwärmen» vor dem Dinieren.
Versuchen, Schweizerdeutsch zu reden: Zugegeben hier scheiden sich die Geister. Manche Schweizer sehen die Bemühung, sich der Sprache anzupassen, als gelungene Integration. Bei anderen kommt es jedoch nicht gut an, wenn Deutsche versuchen, Schweizerdeutsch zu reden. Dies wirkt gekünstelt und wird als ein unerlaubtes «An-sich-Reissen» einer den Schweizern vorbehaltenen Eigenheit interpretiert. Kommt hinzu, dass Schweizerdeutsch von einem Nicht-Schweizer aufgrund der Komplexität und Vielfalt der Dialekte wohl niemals perfektioniert werden kann – dies schaffen meist nur Kinder von Zuwanderern, die sich schon früh üben und mit Deutschschweizern aufwachsen. Zudem ist der deutsche Akzent für einen Schweizer erkennbar und enttarnt den Sprechenden sofort als Nicht-Muttersprachler. Was jedoch von Deutschen nach ein paar Monaten Aufenthalt in der Schweiz erwartet wird, ist, dass sie Schweizerdeutsch lückenlos verstehen.
Geizig sein: Um ein paar Rappen mehr als angeschrieben – je nach Preis auch ein paar Franken – viel Gedöns zu machen und die Warteschlange aufzuhalten, oder sich beim Supermarkt-, Restaurant- oder Freizeitpark-Personal über zu hohe Preise zu beschweren oder im Restaurant die Rechnung genau nach der jeweiligen Konsumation aufzuteilen, ist in der Schweiz nicht nur unüblich. Automatisch gilt derjenige als «Rappenspalter» (zu deutsch Geizhals) und unhöflich.
Laut sein: Sich laut beschweren oder Witze erzählen, ins Telefon brüllen oder sogar in einem Streitgespräch die Stimme über das für einen Schweizer zumutbare Maximum zu erheben, kommt absolut nicht gut an. Sofort werden dem Störenfried die Attribute grob, unfreundlich und egozentrisch zugeordnet.
Unpünktlichkeit: Später als 15 Minuten sein ist schlichtweg inakzeptabel. Lässt es sich trotzdem nicht vermeiden, müssen Sie den Wartenden oder die Wartende unbedingt früh genug über die Verspätung informieren. Und sich natürlich entschuldigen.
Ironie im Alltag: Die Schweizer sind nicht ganz so humorlos wie weitläufig angenommen. Allerdings sollte man mit Ironie und Sarkasmus im Alltag vorsichtig sein: Diese werden – kennt einen die Person nicht oder nicht gut – nicht als solche erkannt und wenn doch, als unpassend eingeordnet. Anders sieht es im privaten Rahmen mit Freunden aus, die ihr Gegenüber gut einzuschätzen vermögen. Dann führen fast alle Formen von Humor zu heiterer Unterhaltung.
Comentarios